Mit der 80-20-Regel: Nina Ruge erklärt, wie wir uns auf Langlebigkeit programmieren

Sind es die guten Gene, ist es Kopfsache oder die richtige Ernährung, die für unsere Langlebigkeit sorgen? Von allem etwas, weiß Expertin Nina Ruge und beantwortet im Interview die wichtigsten Fragen.

Eines Ihrer Bücher heißt „Altern wird heilbar“. Ist Älterwerden denn eine Krankheit?

Nina Ruge: Ich gebe zu, der Titel provoziert ein wenig, denn mit dem Altern ist Wunderbares verbunden: Gelassenheit, Lebenserfahrung, vielleicht auch Altersweisheit. Voraussetzung ist allerdings, einigermaßen gesund zu altern, ohne ständigen Leidensdruck durch Alterskrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz, Diabetes, Krebs oder Arthrose.

In meinem Buch „Altern wird heilbar“ gehe ich der spannenden Frage nach, woran das liegt. Genaueres wissen wir erst seit 10, 15 Jahren. Seit die Erforschung unserer Körperzellen fantastische Geheimnisse gelüftet hat. Der schleichende Alterungsprozess beginnt schon im Alter von 25 Jahren! Doch das Wichtigste: Wir können das Altern unserer Zellen verlangsamen und wir können sie stärken!

Matthias Gravelmann

Über die Expertin

Nina Ruge startete 1987 bei RIAS TV in Berlin ihre Fernsehkarriere, mit den Stationen „heute journal“ und „Leute heute“ im ZDF und der Moderation von Talkshows und Magazinen. Heute ist sie als Autorin tätig, unter anderem schreibt sie über die „Zellbiologie des Alterns“. 2021 und 2022 erschienen ihre Werke: „Verjüngung ist möglich“ und „Das Verjüngungskochbuch“ (Graefe+Unzer). Ruge engagiert sich als Deutschland-Botschafterin für UNICEF, Schirmherrin des „Netzwerks von und für Frauen mit Behinderung in Bayern“ sowie Botschafterin der „Allianz für Entwicklung und Klima“des BMZ. 2013 erhielt sie für ihr soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz.

Länger jung bleiben – ist das auch eine Einstellungssache, die bereits im Kopf beginnt?

Ruge: Unbedingt! Das sehen wir an so vielen Frauen meiner Generation, die also über 60 sind. Körper und Geist um ein, zwei Gänge runterschalten, wie man das halt im Alter so macht? Nein, niemals! Wir fordern Körper und Geist, mit Freude! Wir treiben Sport. Wir bewegen uns schnell, agil und präzise – und wir sind geistig genauso drauf. Neues angehen, sich weiterentwickeln, auch beruflich. Klar kennen wir Abnutzungserscheinungen: Ich habe Arthrose im Knie. Also stelle ich mich drauf ein, jogge nicht mehr auf Asphalt und teste neue Therapien. Ein junger Kopf hält den Körper fit und verlangsamt das Altern. AGILE AGING – agiles Altern ist mein Zauberwort!

 

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„Longevity“ heißt das neue Zauberwort der Altersforschung. Dabei geht es nicht nur darum, alt zu werden, sondern dabei auch gesund und fit zu bleiben. Startups werben mit fantastischen Verjüngungskuren, doch was steckt wirklich dahinter? Fachjournalistin Nina Ruge und Prof. Björn Schumacher, Alternsforscher am CEAD, dem Exzellenzcluster für Alternsforschung der Universität Köln, klären in unserem Webinar auf. HIER GRATIS-TICKET SICHERN!

Reicht es nicht einfach, gute Gene zu haben?

Ruge: Ja, die gibt es, und besonders die Familien, in denen wir viele über Hundertjährige finden, scheinen von bestimmten Genmutationen zu profitieren. Doch wir Normalos? Unsere Alterung, ob mit oder ohne Alterskrankheiten – scheint mit großer Wahrscheinlichkeit nur zu rund einem Drittel genetisch vorprogrammiert. Experten, die ich zu diesem Thema befragte, kamen überwiegend zu dem Schluss: Rund 70 Prozent unseres Alterungsprozesses können wir selbst beeinflussen! Das setzt uns ordentlich unter Druck, aber positiven Druck!

Worauf sollte man verzichten, wenn man seinem Körper etwas Gutes tun möchte?

Eine gute Langlebigkeitsernährung enthält so gut wie keinen Zucker, das heißt: Süßspeisen, Fruchtgummis, auch stark zuckerhaltiges Obst, bitte möglichst meiden! Ballaststoffe spielen eine Riesenrolle – also weglassen, was keine Ballaststoffe enthält, vor allem Fleisch und Wurst, hochverarbeitete Fertigwaren wie Pizza, Lasagne, aber auch Weißbrot und Croissants. Und was bleibt dann übrig? Gemüse, Gemüse, Gemüse! Und bitte nur zweimal am Tag essen und nichts dazwischen.

„Verjüngung ist möglich“ von Nina Ruge.

Das klingt streng – wie gewöhnt man sich liebgewonnene Angewohnheiten denn ab?

In kleinen Schritten – die aber konsequent! Ich bin Fan der „80-20-Regel“ des Ernährungsexperten Prof. Andreas Michalsen. Erstmal 20 Prozent dessen verändern, was liebgewonnene Gewohnheit ist, zum Beispiel alle Süßgetränke durch Ingwer- oder Zitronenwasser und die täglichen Schokoriegel durch ein paar Nüsse ersetzen. Wenn ich mich daran gewöhnt habe, kommen die nächsten 20 Prozent usw. Ich kann Ihnen versichern: Sie werden sich unendlich wohl fühlen. Ganz wichtig: Alkohol ist ein Zellgift. Also so wenig wie möglich davon!

Bis zu welchem Alter kann man noch Einfluss nehmen aufs körperliche Älterwerden?

Früh anfangen ist ideal, also mit 25. Doch es ist tatsächlich nie zu spät. Ich halte es mit dem schönen Sinnspruch „Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens“ – und dieser Satz gilt für jedes Alter!

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