Das „Arzneitelegramm“ berichtet über eine neuseeländische 29-jährige Patientin, deren Muttermilch sich nach einer Narkose mit Propofol grün färbte. Besteht ein Zusammenhang?
Ursprünglich hatte die neuseeländische Arzneimittelbehörde Medsafe bereits im März dieses Jahres den Fall geschildert, das „Arzneitelegramm“ griff diesen auf: Im August 2020 färbte sich bei einer 29-jährigen Patientin die Muttermilch grün, nachdem sie eine Narkose mit Propofol erhalten hatte. Ist das ein Einzelfall?
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Hilfe, die Muttermilch ist blau!
Nein, die neuseeländische Behörde recherchierte und fand weitere internationale Fallberichte, in denen Propofol zu einer Grünfärbung von Brustmilch geführt hatte. Unter anderem hatte bereits im Jahr 2009 Dr. Torsten Birkholz et.al vom Universitätsklinikum Erlangen in einem Brief im Fachjournal „Anaesthesiology“ über eine 33-jährige Patientin berichtet, deren Muttermilch acht Stunden nach einer Notfall-Laparoskopie „blau-grün“ wurde. 2018 veröffentlichten Wissenschaftler:innen in „The Canadian Journal of Hospital Pharmacy“ den Fall einer 27-Jährigen, die 22 Stunden nach einer Operation eine „hellgrüne“ Muttermilch beschrieb, nach vier Tagen hatte die Muttermilch wieder ihre natürliche Färbung. Und erst 2020 veröffentlichten Wissenschaftler vom „Istanbul Medeniyet University Goztepe Training and Research Hospital“ den Fall einer 40-jährigen Stillenden, die ebenfalls nach Propofol-Anwendung eine Grünfärbung ihrer Muttermilch beobachtete. Veröffentlicht wurde der Fallbericht im „Journal of Paediatrics and Child Health“, die Färbung wurde zwölf Stunden nach der Operation bemerkt und war nach 48 Stunden wieder verschwunden. „Wir denken, dass die grüne Milch in unserem Fall durch eine noch unbekannte chromophore Substanz verursacht worden sein könnte, die von Propofol stammt“, schlussfolgerten die Wissenschaftler.
Urinfärbung – bekannte Nebenwirkung von Propofol
Schaut man in die Fachinformation zu Propofol-haltigen Arzneimitteln, findet sich eine Verfärbung des Urins als bereits bekannte unerwünschte Wirkung einer Propofolanwendung. Den türkischen Wissenschaftlern zufolge kommt die bekannte Grünfärbung des Urins dadurch zustande, dass Propofol in der Leber zu wasserlöslichen Metaboliten inaktiviert wird – „meist als 1-Glucuronid, 4-Glucuronid und 2,6-Diisopropyl-1,4-chinol-4-sulfat-Konjugate“. Phenolische Metabolite führten sodann zu grünem Urin, wenn sie extrahepatisch eliminiert würden. Der grüne Harn sei harmlos, nicht nephrotoxisch und entfärbe sich nach Absetzen von Propofol auch wieder.
Propofol ist muttermilchgängig: Sind es Abbauprodukte?
Entgegen dem Hinweise zu verfärbtem Urin informiert die Fachinformation Propofol-haltiger Arzneimitteln nicht über eine Grünfärbung von Muttermilch. Bekannt ist jedoch, dass Propofol in die Muttermilch übergeht, weswegen Mütter das Stillen bis zu 24 Stunden nach der Gabe von Propofol pausieren und die Muttermilch verwerfen sollen.
Auch ist den Fallberichten und dem „Arzneitelegramm“ zufolge unklar, welcher pathophysiologische Mechanismus für die Grünfärbung der Muttermilch verantwortlich zeichnet. Das Arzneitelegramm vermutet jedoch auch, dass „ähnliche Ursachen“ wie bei der Urinfärbung – also Abbauprodukte des Propofols – dahinterstecken, da das Narkosemittel in die Muttermilch übergeht.
Was kann Muttermilch sonst noch verfärben?
Auch andere Substanzen können Muttermilch verfärben. Das „Arzneitelegramm“ hat recherchiert und ist fündig geworden. So könnte das Tetrazyklin-Antibiotikum Minocyclin Muttermilch schwarz färben und auch Infektionen oder die Ernährung können Einfluss auf die Farbe der Muttermilch nehmen. Eine rosa-rötliche Milch beobachte man bei Infektionen der Brustdrüse mit dem gramnegativen Erreger Serratia marcescens. Grüne Muttermilch könne auch die Folge einer hochdosierten Eisensupplementierung sein.
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