Mutante B.1.1.7 erhöht nicht den Schweregrad von COVID-19
Seitdem sich die Coronavirus-Variante B.1.1.7 zunehmend durchsetzt, gab es die Befürchtung, dass die Mutation, die erstmals in Großbritannien gefunden wurde, häufiger zum Tod führt. In zwei aktuellen Studien konnte nun allerdings kein erhöhtes Sterberisiko festgestellt werden.
Forschende des University College London verglichen Daten von COVID-19-Betroffenen, die sich mit der Coronavirus-Variante B.1.1.7 infizierten mit Patientinnen und Patienten, die sich mit einem nicht-mutierten Stamm angesteckt haben. Es wurden keine Hinweise auf eine erhöhte Krankheitsschwere gefunden. Die Viruslast war jedoch bei der B.1.1.7-Gruppe erhöht, was auf eine stärkere Ansteckungsgefahr hindeutet. Die Forschungsergebnisse wurden im renommierten Fachjournal „The Lancet Infectious Diseases“ präsentiert.
Keine Hinweise auf erhöhtes Sterberisiko durch B.1.1.7
Die Arbeitsgruppe analysierte die Daten von 341 COVID-19-Betroffenen, die zwischen dem 9. November und dem 20. Dezember 2020 in das University College London Hospital und das North Middlesex University Hospital (NMUH) eingeliefert wurden. 58 Prozent der Teilnehmenden (198 von 341) waren mit der Variante B.1.1.7 infiziert. Das Team verglich die Krankheitsverläufe des mutierten Stamms mit den Infektionen durch das ursprüngliche Virus.
Vergleich der Krankheitsschwere in zwei Studien
Dabei konnten die Forschenden kein erhöhtes Sterberisiko durch die B.1.1.7-Varinate feststellen. 36 Prozent (72 von 198) der B.1.1.7-Betroffenen erkrankten schwer oder starben (31 von 198) im Laufe der Infektion. Bei dem nicht-mutierten Stamm entwickelten 38 Prozent der Teilnehmenden (53 von 141) einen schweren Verlauf oder starben (24 von 141). Unter Berücksichtigung aller bekannten Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter und Grunderkrankungen hatten Betroffene mit der B.1.1.7-Variante kein höheres Sterberisiko als Patientinnen und Patienten mit anderen Stämmen.
Die Forschenden beziehen sich zudem auf eine separate Beobachtungsstudie, die im gleichen Zeitraum im Fachjournal „The Lancet Public Health“ veröffentlicht wurde. In der Arbeit wurden Daten von 37.000 britischen Nutzerinnen und Nutzern einer App zur Selbstauskunft über COVID-19-Symptome ausgewertet. Auch hier gab es keine Hinweise darauf, dass die B.1.1.7-Variante mit schwereren oder längeren Krankheitsverläufen verbunden ist.
Höhere Viruslast bei B.1.1.7
Beim Vergleich der PCR-Tests der Teilnehmenden der ersten genannten Forschungsarbeit zeigte sich eine tendenziell größere Viruslast bei den B.1.1.7-Proben im Vergleich zu den anderen Abstrichen. Dies ist den Forschenden zufolge ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass die Variante ansteckender ist, als der nicht-mutierte Stamm.
„Die Analyse der Variante vor dem Höhepunkt der Krankenhauseinweisungen und der damit verbundenen Belastung des Gesundheitswesens gab uns ein entscheidendes Zeitfenster, um wichtige Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich B.1.1.7 in Bezug auf Schweregrad oder Tod bei hospitalisierten Patienten von dem Stamm der ersten Welle unterscheidet“, kommentiert die korrespondierende Studienautorin Dr. Eleni Nastouli die Ergebnisse.
„Wir haben die Gelegenheit genutzt, die Anzahl der Patienten mit der B.1.1.7-Variante in unseren beiden Krankenhäusern zu kombinieren, was genügend statistische Aussagekraft bot, um den Schweregrad in dieser hospitalisierten Population zu untersuchen“, ergänzt die Virologin Dr. Catherine Houlihan, Co-Autorin der Forschungsarbeit.
Die Lage ist trotzdem ernst
„Es ist zwar beruhigend, dass es keine Hinweise auf eine erhöhte Sterblichkeit im Zusammenhang mit der B.1.1.7-Variante gibt, aber die Sterberate der Patienten sowie die benötigten Gesundheitsressourcen sind nach wie vor erheblich“, gibt Professor Mervyn Singer aus dem Forschungsteam zu bedenken.
Die zur Verfügung gestellten Daten seien grundlegend für die Planung in Krankenhäusern und Intensivstationen im Falle eines weiteren Anstiegs. Zudem sei ständige Wachsamkeit und Forschung in Bezug auf andere Varianten unerlässlich, betont der Professor. (vb)
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