Im brasilianischen Bundesstaat Amazonas spitzt sich die Versorgungslage von COVID-19-Erkrankten zu. Das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen, die Krankenhausbelegschaften sind überlastet, und die Patientenzahl steigt weiter. Das berichtet die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die vor Ort unterstützt.
Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen unterstützen im brasilianischen Amazonasgebiet die überlasteten Krankenhausbelegschaften in der Hauptstadt Manaus sowie in den Städten Tefé und São Gabriel da Cachoeira bei der Behandlung von COVID-19-Patienten. In einer Presseerklärung von Ärzte ohne Grenzen wird die Lage vor Ort als dramatisch geschildert: In der Hauptstadt des Bundesstaates seien alle Intensivbetten belegt, und sehr viele schwer Erkrankte warteten dringend auf Behandlung. Notfallkoordinator der Hilfsorganisation, Pierre Van Heddegem, berichtet, dass man sich darauf konzentriere, diese lebensbedrohlich erkrankten Patient:innen auch in Einrichtungen zu behandeln, die keine Intensivstationen haben. Doch es fehle an Sauerstoff. „Diese zweite COVID-19-Welle überfordert alles und jeden“, so Van Heddegem, laut Presseerklärung.
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Fabio Biolchini Duarte, Koordinator des Einsatzes von Ärzte ohne Grenzen in Manaus, berichtet beispielsweise von einem Notfallzentrum, das nun von Teams der Hilfsorganisation unterstützt wird. Hier hätte es nicht genügend Betten, Ärzte und Pflegepersonal und keine intensivmedizinischen Protokolle gegeben. Dennoch sei es komplett zu einer COVID-19-Krankenstation geworden. „Es zählt zu den Einrichtungen, in denen mehrere Patienten starben, weil sie nicht mit Sauerstoff versorgt werden konnten“, so der Koordinator.
Jeden Tag am Limit
Das kollabierende Gesundheitssystem in Manaus, insbesondere die Bettenknappheit, habe auch Auswirkungen auf die ländlichen Regionen des Amazonasstaates. Da Manaus die einzige Stadt im Bundesstaat mit Intensivbetten sei, würden alle lebensbedrohlich Erkrankten normalerweise per Flugzeug zur Behandlung nach Manaus transportiert. Da in der Hauptstadt jedoch die Kapazitäten erschöpft seien, müssten die Patient:innen nun vor Ort behandelt werden. Besonders dramatisch sei die Lage im flussaufwärts gelegenen Tefé. Hier habe Ärzte ohne Grenzen das Krankenhauspersonal unterstützt, sämtliche Klinikstationen in umliegende Gebäude, wie Schulen, zu verlegen. So steht das Krankenhausgebäude COVID-19-Patient:innen zur Verfügung. Dennoch sei es kaum zu schaffen, so viele schwer erkrankte Patient:innen zu versorgen. Auch hier sei die Versorgung mit Sauerstoff ein ständiges Problem. „Wir sind in Tefé jeden Tag am Limit“, so Van Heddegem.
Seit Kurzem bieten die Ärzte ohne Grenzen für die überlasteten und durch so viele Todesfälle emotional stark belasteten Mitarbeiter:innen aller Gesundheitseinrichtungen in Manaus psychologische Unterstützung an. Zudem sei geplant, dass Teams in Manaus Aktivitäten zur Gesundheitsaufklärung starten, Hygiene- und Abstandsprotokolle umsetzen und Schnelltests einsetzen. Die Organisation fordert die örtlichen Behörden weiterhin dazu auf, den Einsatz von Antigen-Schnelltests auszuweiten.
Brasilianische Mutante P1 scheinbar sehr ansteckend
Im Amazonasgebiet hat sich, laut einem Spiegel-Bericht, eine neue, scheinbar stark ansteckende Mutante des Virus ausgebreitet. Der Brasilianische Präsident Jair Bolsonaro steht in der Kritik, die Corona-Impfkampagne in Brasilien lange verschleppt zu haben. Aber auch unter der indigenen Bevölkerung habe es aufgrund aufstachelnder religiöser Prediger Vorbehalte gegen die Impfung gegeben. Die im Amazonasgebiet lebenden Ureinwohner habe das Virus unlängst erreicht. Dabei berichtet der Spiegel, dass zum Beispiel unter dem Stamm der Yanomami ungewöhnlich viele kleine Kinder betroffen seien, darunter viele mit schweren Verläufen. Indigene Menschen seien für alle Infektionskrankheiten wesentlich anfälliger. Indigene Aktivisten kritisierten, dass die Brasilianische Regierung schon in der Vergangenheit nichts zum Schutz dieser Menschen unternommen habe.
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