Drosten: So tödlich ist das Coronavirus im Vergleich zur Grippe

Christian Drosten gilt als Deutschlands führender Corona-Experte. In dem Podcast "Das Coronavirus-Update" gibt er regelmäßig eine Einschätzung zu Entwicklungen in der Pandemie. In der aktuellen Folge hat der Virologe unter anderem über neue Zahlen zur Infektionssterblichkeit gesprochen – und warum die Hoffnung auf eine Hintergrundimmunität durch Erkältungsviren schwindet. Ein Überblick der wichtigsten Aussagen. 

Zuverlässigkeit des PCR-Tests

Der PCR-Test weist genetisches Material des Coronavirus nach. Er gilt als Goldstandard für die Diagnose. Zuletzt machten allerdings Gerüchte die Runde, die die Aussagekraft des Testes in Frage stellten. Der Vorwurf: Der Test gleiche Kaffeesatzlesen, es werden nur einzelne Genschnipseln gesucht.

Auf die Frage, ob Personen zufällig Träger eines Virus-Rests im Rachen sein können, antwortete Drosten: "Es gibt kein Virus-Fragment, ohne dass da ein volles Virus-Genom ist. Es gibt keine RNA in der Zelle, die so ähnlich wäre wie das Genom von einem Coronavirus, dass man das verwechseln könnte. Und es gibt auch keine Verwechslungen mit – sagen wir mal – anderen Viren, anderen Erkältungsviren, anderen Coronaviren oder sonst was für Krankheitserregern." Für Diskussionen gebe es keinen Raum. Der PCR-Test sei "zweifelsfrei eine sehr wasserdichte Diagnostik".

Corona-Situation in Schulen

Drosten forderte eine "ganz transparente Datenlage" über die Corona-Situation in Deutschlands Schulen vor allem für die Zeit ab den Herbstferien. "Aus anderen Ländern gibt es schon Zahlen, die sehr klar zeigen, dass es überall Ausbrüche gibt in den Schulen – also in Frankreich zum Beispiel, auch in Kanada." Auch in Deutschland wurden zuletzt immer wieder vereinzelt Schulen wegen Corona-Fällen geschlossen. Idealerweise sollten Ausbrüche früh erkannt werden, ohne gleich die ganze Schule schließen zu müssen, mahnte Drosten.

Gleichzeitig warnte er vor der Vorstellung, dass es an Schulen keine Coronafälle gebe. Frühere Studien zu diesem Thema seien in der Zeit im oder kurz nach dem Lockdown entstanden. Zu einer Zeit also, in der es an Schulen überhaupt keine Fälle hätte geben können, so Drosten.

Infektionssterblichkeit 

Eine weitere Frage in dem Podcast lautete: Wie viele Menschen sterben an einer Infektion mit Sars-CoV-2? Früher sei oft die Rede von der Fallsterblichkeit gewesen, so Drosten. "Die Fallsterblichkeit, das sind diejenigen, die verstorben sind von den bekannten, sagen wir mal gemeldeten oder auch getesteten Fällen. Und da lagen wir ja immer so im Bereich von drei Prozent, vier Prozent."

Nun gebe es aber ein anderes Maß: die Infektionssterblichkeit, die meist auf Basis von Antikörper-Studien ermittelt wird. Mittels Serologie könne man sehr gut schätzen, wie viele Fälle in der Bevölkerung über einen Untersuchungszeitraum infiziert waren, so Drosten. "Und dann kann man natürlich auch die Verstorbenen genau erheben." Im Vergleich zur Fallsterblichkeit sinkt der Wert daher. 

Der Virologe zitiert aus einer Meta-Analyse, die eben diese Infektionssterblichkeit untersucht hat, auch im Vergleich zu der Grippe. Laut Auswertung habe Covid-19 in den USA eine Infektionssterblichkeit von 0,8 Prozent – die Grippe dagegen eine Infektionssterblichkeit von 0,05 Prozent. "Für jeden Influenza-Toten gibt es 16 Covid-19-Tote in den USA", bringt es Drosten auf den Punkt. 

Vor allem das Alter hat demnach Einfluss auf die Sterblichkeit. "Jetzt ist aber die amerikanische Bevölkerung jünger als die Deutsche. Das heißt, wir müssten in Deutschland natürlich mit einer Infektionssterblichkeit rechnen, die nach dieser Auswertung so an die ein Prozent rangeht oder sogar knapp über ein Prozent geht", so Drsoten. Dabei handle es sich jedoch nur um einen überschlagenen Wert.

Laut Analyse steigt die Infektionssterblichkeit in höheren Altersgruppen rapide an – und das im Mittel über alle ausgewerteten Länder. Drosten spricht von "furchtbaren" Zahlen. In der Altersgruppe über 85 Jahre überlebt jeder dritte Patient laut Analyse eine Infektion mit dem Coronavirus nicht. "Das ist also so viel wie die Pocken im Mittelalter oder einige Ebola-Ausbrüche in Afrika, die sich auch in diesen Bereichen entwickeln." In der Altersgruppe zwischen 35 und 44 Jahren liege die Infektionssterblichkeit dagegen ungefähr in dem Bereich wie bei der Influenza. 

Drosten betonte, dass es nicht um das Zählen von Verstorbenen gehe, sondern um eine "Bewertung der Situation". "Und das ist eben dann doch nicht mehr eine reine kalte Wissenschaft, sondern das ist eine gesellschaftliche Botschaft, die hier ergeht; eine Einschätzung, wie gefährlich das Problem ist, das wir jetzt vor uns haben und das jetzt gerade natürlich auf uns zukommt in dieser Winterzeit." Gleichzeitig betonte er: "Deutschland ist eine relativ alte Gesellschaft."

Hoffnung auf Hintergrundimmunität schwindet

Eine These hat sich bislang nicht bestätigt: dass vorherige überstandene Infektionen mit Erkältungsviren auch eine Art Immunschutz gegen das aktuelle Coronavirus bieten. Eine immunologische Studie von Forschern aus Kiel und Köln lässt diese Hoffnung auf Hintergrundimmunität nun weiter schwinden. Zwar reagieren die T-Zellen von Patienten ohne vorherige Infektion mit Sars-CoV-2 auf den Erreger, allerdings ist die Reaktion "unsauber" und "zerstreut", so Drosten. Bei Patienten mit überstandener Sars-CoV-2-Infektion richte sich die Immunreaktion dagegen "ganz gezielt" gegen die großen Bauproteine des Virus. 

Drosten betonte allerdings, dass es sich hierbei lediglich um die Hintergrundimmunität handle. Die Studienergebnisse würden nicht bedeuten, dass es keine zelluläre Immunität nach einer Sars-CoV-2-Infektion besteht – dass also genesene Patienten zumindest für eine gewisse Zeit immun vor einer erneuten Ansteckung sind. 

Die vollständige Folge können Sie hier nachhören.

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