Gehörlose haben es mit der Maskenpflicht besonders schwer. Sie sind darauf angewiesen, dass sie von den Lippen ablesen können. Masken mit Sichtfenster könnten dabei ein wenig Abhilfe schaffen. Eine Essener Hörgeräteakustikerin hat solche für ihre Mitarbeiter und Kunden angefertigt.
Sandra Bagus ist Geschäftsführerin der Hörgeräte und Augenoptik Bagus in Essen. Sie betreut mit ihrem Team Brillenträger und Menschen mit Hörschäden. „Damit sind wir sehr nah am Kunden“, so Bagus gegenüber DAZ.online. Daher bat sie ihre Mitarbeiter und Kunden schon seit Beginn der Coronakrise, Mundschutz zur eigenen Sicherheit zu tragen. Da keine Masken erhältlich waren, verteilte sie handgemachte. Doch viele ihrer Kunden und auch einige ihrer Mitarbeiter sind auf das Lippenlesen angewiesen. Die Schutzmasken machen die ohnehin schwierige Kommunikation für diese Menschen noch komplizierter. Da hatte Sandra Bagus die Idee, Masken mit Sichtfenster zu fertigen. Sie probierte ein wenig aus und stellte dann in Eigenregie am Abend nach der Arbeit rund 50 Masken für ihre Mitarbeiter her.
„Jetzt kommen täglich Anfragen, doch ich kann die Produktionsmenge gar nicht bewältigen“, gesteht Bagus. Daher versucht sie gerade, eine Schneiderei oder einen Betrieb zu finden, der die Masken anfertigen könnte. „Doch viele haben gerade noch mit der Produktion ‚normaler‘ Masken zu tun“, so die Geschäftsführerin. Daher haben sich nun zwei Mitarbeiter angeboten, zumindest die dringend benötigten Masken für das Umfeld herzustellen. Die Produktion sei relativ einfach mit Klettverschluss, Draht und Laminierfolie, die in eine selbstgenähte Stoffmaske geklebt werden. Diese sei dann auch waschbar, da das Sichtfenster herausnehmbar sei.
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Auch in Spanien werden Masken mit Sichtfenster hergestellt
Der Deutsche Gehörlosen-Bund bemerkt in einer Erklärung zu Masken mit Sichtfenstern, dass diese nicht unproblematisch seien, insbesondere da sie durch die Atemluft beschlügen. Sandra Bagus experimentierte bei ihrer selbstgefertigten Maske daher mit Draht. „Mit etwas mehr Abstand vom Mund geht es ganz gut.“ Außerdem habe die Hobbytaucherin schon ein Antibeschlagspray bestellt, womit sie weiter experimentieren will. Die Maske solle man ja auch nicht dauerhaft tragen, genau wie den normalen Gesichts- und Mundschutz auch. Aber für den besseren Kundenkontakt reiche sie aus.
Auch in Spanien hat eine Gruppe freiwilliger Helfer laut Nachrichtensender ntv mit der Produktion von Schutzmasken für Gehörlose begonnen. Sie hoffen, dass sich Gehörlose damit besser mit Ärzten und Apothekern verständigen können. In Spanien gibt es rund eine Million Menschen, die nicht gut oder gar nicht hören können. In Deutschland schätzt der Deutsche Gehörlosen-Bund die Gruppe der Menschen, die nichts hören oder hörgeschädigt sind auf etwa 80.000 bis 100.000 Personen. Um die 16 Millionen Schwerhörige und Hörgeschädigte soll es auf der Welt geben.
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